ellog - Das E-Learning-Logbuch

Herzlich willkommen auf dem E-Learning-Logbuch der TU Dresden!

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Donnerstag, 8. Mai 2014

Erfahrungen mit E-Teaching an der TU Dresden – Interviewserie – Teil 5: Prof. Dr. rer. med. Ingo Röder und Philipp Schulze

Prof Ingo Röder und Philipp Schulze vom Institut für Medizinische Informatik und Biometrie (IMB)
Prof. Ingo Röder und Philipp Schulze vom Institut für Medizinische Informatik und Biometrie (IMB)

Professor Dr. Ingo Röder ist seit 2010 Direktor des Instituts für Medizinische Informatik und Biometrie (IMB) an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und Inhaber der Professur für Medizinische Statistik und Biometrie. Im Bereich der Entwicklung und Anwendung von E-Teaching-Verfahren wird er seit 2012 von Philipp Schulze, der als wissenschaftliche Hilfskraft am IMB beschäftigt ist, unterstützt.

Welche E-Teaching-Verfahren verwenden Sie aktuell in Ihrer Lehre?

Prof. Röder: Wir machen den Studierenden Angebote auf mehreren Ebenen. Zum einen haben wir letztes Jahr damit angefangen, alle Vorlesungen im „Querschnittsbereich 1“, der die Fächer Biometrie, Epidemiologie und medizinische Informatik umfasst, mitzuschneiden. Im Video sind sowohl der Dozent als auch die Folien mit Notizen und Hinweisen, die während der Vorlesung gemacht werden, zu sehen. Die bearbeiteten Videos werden über die Plattform „Magma“ verfügbar gemacht und sind über das OPAL-System zugänglich. Das zweite Medium, welches wir zur Unterstützung anbieten, ist ein Skriptum, also eine Art kleines, selbst geschriebenes Lehrbuch, was regelmäßig aktualisiert wird. Als Drittes stellen wir einen vorlesungsbegleitenden Online-Kurs innerhalb der Plattform OPAL bereit, der im Moment auf das Fach Biometrie beschränkt ist. Dieser Kurs deckt alle prüfungsrelevanten Themen, z.B. durch zusätzliche Beispiele, ab und hilft, die Vorlesungen selbst auf wesentliche Kernpunkte zu fokussieren. Der Online-Kurs ist so aufgebaut, dass die Studierenden sich selbstständig durch den Stoff arbeiten können. Jedes Themengebiet startet mit einer Frage, die an eine prüfungsähnliche Multiple-Choice-Frage angelehnt ist. Auf die entsprechende Antwort gibt es ein Feedback , ob korrekt geantwortet wurde. Wenn die Studierenden glauben, die Frage nicht beantworten zu können, haben sie mehrere Möglichkeiten: Sie können sich noch einmal eine Kurzbeschreibung des Themas, einen kleines zusätzliches Video, in dem der Sachverhalt mündlich an der Tafel erklärt ist, oder die gesamte Vorlesung ansehen bzw. das Skriptum an der entsprechenden Stelle lesen. Wenn dies immer noch nicht ausreichend erscheint, gibt es auch eine vollständig ausgearbeitete Lösung.

Haben Sie Ihr E-Teaching-Angebot selbst erstellt oder hatten Sie Hilfe durch andere Mitarbeiter?

Prof. Röder: Die grundlegende Idee bzw. die Konzeption solche Angebote zu erstellen kam zunächst einmal von mir. Allerdings erfolgte die Umsetzung gemeinsam mit Kollegen des IMB. Die gemeinsamen Arbeiten bezogen sich zum einen auf die Mitschnitte der Vorlesungen, welche von Herrn Schulze z.T. zusammen mit studentischen Hilfskräften realisiert wurde, aber auch auf die Ausgestaltung des Online-Kurses bzw. des Skriptums, an dem neben Herrn Schulze noch andere Mitarbeiter maßgeblich beteiligt waren. Die zusätzlichen Erläuterungs-Videos innerhalb des Online-Kurses habe ich alle selbst erstellt. Ohne die Hilfe engagierter Mitarbeiter am Institut wären solche Angebote nicht möglich.

Welche Ziele und Erwartungen hatten Sie beim Erstellen der verschiedenen Angebote?

Prof. Röder: Man muss wissen, dass das Fach Biometrie als Teil der Mathematik für die Medizinstudierenden nicht gerade das Lieblingsfach ist. Es belegte meines Wissens nach lange Zeit einen der letzten Plätze in der Beliebtheit aller Medizinfächer. Dies hat aber meiner Meinung nach sehr viel mit der Vermittlung des Stoffes und weniger mit dem Stoff selbst zu tun. Mein Bestreben war und ist es, das Fach für die Studierenden attraktiv, modern und angewandt darzustellen. Auch aus diesem Grund habe ich angefangen, E-Learning-Methoden zu integrieren. Gerade in der Medizin ist es eine Herausforderung in theoretischen, methodenlastigen Fächern, den Studierenden klarzumachen, aus welchem Grund diese Inhalte in ihrer zukünftigen ärztlichen Tätigkeit wirklich wichtig sind. Dazu bedarf es auch einer bestimmten Didaktik. Wenn man den Studierenden schwieriges bzw. abstraktes Wissen vermitteln will, muss man sie da abholen, wo sie sind. Das heißt, man muss ihnen erstens die zum Teil existierende Angst vor der Mathematik nehmen. Zweitens muss man ihnen die Möglichkeit und die Zeit geben, die für sie schwierigen Themen zu begreifen. Und da es verschiedene Typen von Studierenden gibt, bieten wir ihnen möglichste viele verschiedene Lernformen, angefangen von der Live-Vorlesung über den Videomitschnitt bis hin zum schriftlichem Skript, an.

Wie war die Resonanz der Studierenden bisher?

Prof. Röder: Um dies zu ermitteln, nutzen wir unter anderem eine kleine Statistik, mit der man Zugriffe auf den OPAL Online-Kurs dokumentieren kann. Obwohl diese Statistik nicht vollständig repräsentiert, wie intensiv sich jemand mit dem Kurs beschäftigt hat, gibt es zumindest einen groben Überblick über das Nutzerverhalten. Und dies zeigt, dass das Angebot gerade in der Prüfungsvorbereitung sehr rege genutzt wird. Aber auch in der Lehrevaluation kam ganz klar zum Ausdruck, dass die Angebote extrem gut angenommen werden und dass die Studierenden sich den Ausbau solcher und ähnlicher Angebote wünschen.

Haben Sie neben dem Ausbau und Verbesserung Ihres Online-Kurses noch weitere Ziele für die Zukunft?

Philipp Schulze: Wir arbeiten derzeit daran, „dynamisches“ Lehrmaterial zu erstellen. Gemeint ist hiermit z.B. die Möglichkeit, innerhalb von mathematischen Funktionen die Parameter vom Studierenden ändern zu lassen und die neu erzeugten Darstellung dann automatisch in vorhandene Pdf-Dateien einzubinden. Außerdem möchten wir unsere Erfahrungen gern an andere Lehrende weitergeben. Hierbei arbeiten wir unter anderem mit dem Medienzentrum zusammen, um Wege aufzuzeigen, wie z.B. Vorlesungsmitschnitte einfach und qualitativ ansprechend generiert werden können. Als Drittes sind wir gerade dabei, unterschiedliche Online-Plattformen wie Moodle und OPAL hinsichtlich ihrer Eignung für verschiedene Zwecke zu untersuchen. Unsere Erfahrungen bezüglich der Stärken und Schwächen der verschiedenen Systeme werden wir danach geeignet an andere potentielle Nutzer weitergeben.

Was hindert Ihrer Meinung nach Lehrende daran, E-Teaching-Verfahren umfassender zu verwenden?

Prof. Röder: Es gibt zum einen die Angst vor dem Unbekannten. Auch gibt es die Befürchtung, dass Studierende aufgrund bereitgestellter Videomitschnitte nicht mehr in die Vorlesung kommen. Meine Erfahrungen zeigen allerdings, dass diese Befürchtung nicht gerechtfertigt ist. Ich habe das Gefühl, dass es sogar mehr Studierende sind, die in die Vorlesung kommen. Die meisten sehen die Videos wirklich als zusätzliches Angebot und nicht als Alternative. Andererseits muss man sich als Lehrender auch bewusst darüber sein, dass man sich durch Videos in gewisser Weise angreifbar macht. Unbedachte Aussagen bzw. Versprecher könnten, einmal im Video festgehalten, z.B. bei der Diskussion um Prüfungsresultate als Angriffspunkte genutzt werden. Deswegen muss man sich die gesamten Mitschnitte auch wirklich noch einmal anschauen und nachbearbeiten, was natürlich ebenfalls wieder zusätzliche Arbeit ist.

Denken Sie, dass Qualifizierungsangebote wie E-Teaching.TUD helfen können, diese Hindernisse zu überwinden?

Prof. Röder: Solche Maßnahmen sind definitiv sinnvoll. Die Frage ist jedoch, wie man die Leute dazu bewegen kann, sich hierbei aktiv zu beteiligen. Bisher stellt der Einsatz von E-Learning Angeboten oft nur einen „Anti-Anreiz“ dar: Er ist mit deutlichem Mehraufwand verbunden, welcher derzeit im Rahmen der Budgetberechnung bzw. des Aufwandes für Lehraufgaben zumindest in meinem Fall keine Berücksichtigung findet. Aus meiner Sicht muss die Anerkennung und Anrechnung des Einsatzes neuer Methoden und des persönlichen Engagements der Lehrenden deutlich verbessert werden. E-Learning sollte gerade auch an einer Exzellenzuniversität einen festen Bestandteil der Lehre darstellen. Hierbei sollten Bereiche, die sich nicht „hauptamtlich“ mit Informatik beschäftigen, vom Medienzentrum Unterstützung bekommen. Qualifizierungsangebote können die Kommunikation mit dem Medienzentrum herstellen bzw. weiter verbessern helfen.

Vielen Dank für das Gespräch.