ellog - Das E-Learning-Logbuch

Herzlich willkommen auf dem E-Learning-Logbuch der TU Dresden!

Wir informieren an dieser Stelle aktuell über E-Learning-Angebote und -Services insbesondere an der TU Dresden. Unser Angebot richtet sich vorrangig an die E-Learning-Akteure der TU Dresden, aber auch an alle E-Learning-Partner an Universitäten, Hochschulen sowie externen Einrichtungen, wie der Bildungsportal Sachsen GmbH.

Dienstag, 29. April 2014

Erfahrungen mit E-Teaching an der TU Dresden – Interviewserie – Teil 4: Prof. Dr. Stefan Gumhold

Prof. Dr. Stefan Gumhold von der Fakultät für Informatik

Als Professor für Computergrafik und Visualisierung ist Stefan Gumhold seit nunmehr neun Jahren am Institut für Software- und Multimediatechnik der Fakultät für Informatik tätig. Seit drei Jahren ist auch E-Learning ein fester Bestandteil seiner Lehre.
Welche E-Teaching-Verfahren nutzen Sie momentan in Ihrer Lehre?

Für die Veranstaltung „Einführung in die Computergrafik“ verwenden wir seit 2011 einen Übungszyklus, der von den Studierenden eigenständig online auf OPAL erledigt und anschließend automatisch ausgewertet wird. Dies ist nicht so einfach, wenn man verhindern will, dass die Studierenden ihre Lösungen austauschen. Deswegen braucht man für jeden individualisierte Aufgaben, bei denen der Rechenweg zwar immer derselbe bleibt, die Eingangswerte aber variieren. Da OPAL nur begrenzte Fragentypen zur Verfügung stellt und die Ergebnisse besonders auf Single- und Multiple-Choice-Fragetypen ausgerichtet sind, müssen wir die Aufgaben so aufbereiten, dass immer vier bis fünf Ergebnisse vorgegeben sind, aus denen Studierende dann das richtige wählen müssen. Dabei muss man auch überlegen, welche möglichen falschen Ergebnisse heraus kommen können.

Darüber hinaus haben wir mittlerweile das dritte Forschungsprojekt im Rahmen des Bildungsportal Sachsen, für das wir immer eine halbe Stelle für ein Jahr finanziert bekommen haben. Bei den Projekten versuchen wir Techniken der 3D-Computergrafik in OPAL zu integrieren. Im ersten Projekt ging es z.B. darum, Mikroskope aus der Mikroelektronik in 3D zu modellieren und im E-Learning-System verfügbar zu machen, sodass die Studierenden beispielweise einfache Beschriftungsaufgaben damit durchführen können. Das zweite Projekt beschäftigte sich damit, Aufgabentypen aus dem 2D ins 3D zu verallgemeinern. Wir haben aber Probleme, dies in OPAL zu integrieren, weil man den Standard an einigen Stelle hätte erweitern müssen, was innerhalb der kurzen Projektlaufzeiten leider nicht geglückt ist. Jetzt sind wir gerade noch bei einem Projekt, bei dem wir Abschlussarbeiten im Bereich Architektur und Gestaltung 3D-scannen. Da Dozenten im Jahr typischerweise bis zu 50 solcher Modellabgaben haben, können diese mit Hilfe des 3D-Scans „platzsparend“ archiviert werden.

Wir nutzen OPAL natürlich auch einfach, um Kurse anzulegen und die Abgaben von studentischen Arbeiten zu verwalten.

Warum haben Sie angefangen, mit der Online-Plattform OPAL zu arbeiten?

Wir haben irgendwann alles auf OPAL umgestellt, damit man nicht immer an alle Passwörter verteilen muss, sondern sich die Studierenden mit ihrem eigenen Account einloggen können. Außerdem ist es in der Computergrafik oft so, dass Skripte mit vielen Bildern versehen sind und zum Teil auch Videos bereitgestellt werden. Abschlussergebnisse von Praktika werden oft relativ groß, sodass der Webserver der Informatik irgendwann an seine Grenzen gestoßen ist.

In Bezug auf die theoretischen Übungsaufgaben war der Grund folgender, dass es an der Fakultät eigentlich keine Grundvorlesungen gibt, bei denen Übungsaufgaben korrigiert werden. Es werden zwar immer welche durchgeführt und in 30er Gruppen besprochen, aber es werden keine Übungsblätter eingesammelt und korrigiert, weil wir nicht genug Ressourcen dafür haben. Der Kompromiss war dann, dass wir zwar einen größeren Aufwand betrieben haben, um die Aufgaben auf OPAL zu erstellen, so aber eine automatische Korrektur bekommen, allen Studierenden ein Feedback bieten und sie mehr oder weniger dazu zwingen können, Aufgaben auch wirklich zu erledigen.

Wie war die Resonanz zu Ihren Übungsaufgaben bei den Studierenden bisher?

Man bekommt immer mit, dass es stressig ist und man viel lernt. Das ist in der Computergrafik allgemein so. Bisher hatten wir leider nie ausreichend Ressourcen, um den E-Learning gestützten Übungsbetrieb mit dem konventionellen zu vergleichen.

Wie hoch war der Arbeitsaufwand beim Erstellen der Übungsaufgaben?

Es gibt in OPAL leider keine Unterstützung, um sinnvoll verschiedene individuelle Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Es gibt zwar einen Mechanismus, aber der ist nicht für solche Theorieaufgaben sinnvoll. Wir haben dann ein eigenes Tool entwickelt, mit dem man die Variationen generieren und auf eine spezielle Art und Weise auf OPAL hochladen kann. Deshalb ist dafür schon ein relativ großer Aufwand betrieben worden.

Wollen Sie Ihren E-Teaching Anteil in Zukunft ausbauen?

Bei den späteren Vorlesungen sind nicht mehr so viele Studierende dabei. Da ist es noch möglich, die einzelnen Übungsblätter von Hand zu korrigieren. Das ist viel besser, weil man individuelle Fehler im Rechenweg aufzeigen und kommentieren kann. Ansonsten versuchen wir für die Selbstkontrolle und das Vermitteln von komplizierten Sachverhalten im dreidimensionalen Raum interaktive Apps bereitzustellen, mit denen Studierende die Theorie noch einmal selber nachspielen können. Es geht darum, dass Studierende die Inhalte, die sie sich nicht so leicht von den Formeln her vorstellen können, interaktiv noch einmal spielerisch ausprobieren und dabei ein visuelles Feedback erhalten, sodass sie es sich dann leichter merken können.

Was hindert Ihrer Meinung nach Lehrende daran, E-Teaching-Verfahren umfassender zu verwenden?

Ich denke, dass die E-Learning-Systeme, die es zur Zeit gibt, nur wenige Aufgabentypen unterstützen, die aber an der Uni in den meisten Bereichen nicht relevant sind. Mit dem Multiple-Choice-Verfahren kann man z.B. in der Informatik, die ja viel Mathematik beinhaltet, mathematische Verfahren  in den wenigsten Fällen abfragen. Die Funktionalität dafür ist also nicht da. In unserem Fach ist es auch besonders wichtig, Fähigkeiten abzufragen, was mit dem aktuellen E-Learning Systemen auch nur schwer geht. Wenn man z.B. Programmieraufgaben stellt, dann müssen die Ergebnisse alle individuell von Tutoren abgenommen werden. Man kann bei diesen Aufgaben nicht so leicht variieren und damit die Studierenden nicht einfach Code kopieren, müssen sie ihre Lösung bei der Abgabe begründen. Es ist schwierig so etwas als E-Learning-Verfahren zu machen. Außerdem kann man E-Learning zwar sehr gut für die Selbstkontrolle nutzen, aber eben kaum für Pflichtaufgaben. Heutzutage wird es immer schwieriger, den Studierenden zu vermitteln, dass sie Ihre Aufgaben eigenständig lösen sollen und da erscheinen mir Pflichtaufgaben immer sinnvoller, die aber mit E-Learning Systemen nicht so einfach umzusetzen sind.

Denken Sie, dass Qualifizierungsangebote wie E-Teaching.TUD helfen können, diese Hindernisse zu überwinden?

Ja, allerdings müsste die Weiterbildung fachspezifisch sein. Die Abbildung von Prüfungsstoff auf Multiple-Choice-Übungsaufgaben ist nicht trivial und muss abhängig vom jeweiligen Fach so gestaltet werden, dass sie auch einen Lerneffekt erzielen. Wenn man in der Mathematik solche Übungsaufgaben machen will, ist es etwas ganz anderes, als wenn man sie in der Architektur macht. Es bringt einem Informatikdozenten also nur bedingt etwas, wenn er eine allgemeine Erklärung erhält, wie man Multiple-Choice-Übungen erstellt. Zudem ist die Hemmschwelle, eine Weiterbildung zu besuchen, groß. Das Problem ist dabei vor allem, dass sich die Lehrenden nicht die Zeit nehmen oder nehmen können. Man müsste die Anreize größer machen. Vielleicht muss E-Learning mehr in Zielvereinbarungen verankert werden.

Vielen Dank für das Gespräch.